Es klingt so einfach, doch ist es das oft gar nicht – zumindest nicht für den Hund.
Was wir mit den Augen wahrnehmen, erkunden unsere Hunde oft mit der Nase. So kommt es bei mir häufig vor, dass ich zum Beispiel auf einem Spaziergang fremden Menschen begegne, diese freundlich mit einem “moin” begrüße und bei denen, die den Kontakt mit Hunden offensichtlich mögen, auch manchmal frage, ob auch mein Hund mal bei ihnen schnüffeln und “moin” sagen darf.
Dann bietet sich mir fast immer folgendes Bild:
Mein Hund geht nun also freundlich gestimmt zu den Menschen, betrachtet sie kurz und nimmt dann wirklich höflich Kontakt auf, indem er mal relativ nah am Menschen schnüffelt – ohne diesen dabei zu berühren. Er nimmt also sehr höflich und interessiert Kontakt auf. Lässt der Mensch ihn in Ruhe schnüffeln, nimmt er danach wieder etwas Abstand und geht weiter seiner Wege oder bietet bei Sympathie eine weitere Kontaktaufnahme an, indem er mit freundlicher Zurückhaltung “mal nachfragt”, ob er vielleicht gestreichelt werden kann. Dann lässt er dem Menschen die Wahl, ob dieser das möchte. Falls nicht, zieht er weiter seiner Wege.
Dieses wirklich höfliche Verhalten sehe ich nicht nur bei meinem Hund, sondern auch bei vielen anderen.
Wäre jetzt auch der Mensch höflich, würde er aus Hundesicht erstmal abwarten, bis dieser zu Ende geschnüffelt hat, dabei vielleicht ein bißchen mit ihm reden und dann weiteren Kontakt anbieten, oder eben nicht – das wäre genau so höflich.
Was jedoch die meisten Menschen nun tun, ist aus Sicht eines Hundes alles andere als höflich:
In dem Moment, in dem der Hund sich nähert, um mal zu schauen, wer das so ist, kommt in 99% der Kontaktaufnahmen auch schon die Hand des Menschen, die unaufgefordert von oben auf den Hund fasst und anfängt, ihn zu streicheln. Dabei ist auch häufig völlig egal, ob ich als Hundehalter vorher gesagt habe “nur bitte noch nicht anfassen” (da ich ja schon ahnte, was kommen wird).
Nun finden die allermeisten Hunde das nicht gut, sind aber auch noch so höflich, das über sich ergehen zu lassen. Sie ducken sich ein wenig weg, weichen zurück – die Hand bleibt aber immer noch am Hund und streichelt weiter – weil vom Menschen häufig selbst das Wegducken übersehen wird. Wann haben Menschen gelernt, so gekonnt wegzugucken, Dinge zu übersehen, die absolut offensichtlich sind – ja, wenn ein Hund 2 Meter zurückweicht und/ oder sich duckt, wenn ich ihn streicheln möchte, brauche ich kein Hundeprofi zu sein, um das zu sehen.
Mir tun Hunde in diesen Momenten wirklich oft leid – wollten sie doch freundlich Kontakt aufnehmen und werden dann so “überfallen”, dass für sie dieser Kontakt alles andere als angenehm war. Keine gute Grundlage, um Vertrauen zu fremden Menschen zu gewinnen.
Schauen wir uns das Ganze doch mal aus zwischenmenschlicher Sicht an:
Wir gehen spazieren und uns begegnet ein fremder Mensch. Man sagt freundlich “Moin” und je nach Sympathie bleibt man vielleicht kurz stehen, um ein paar Worte zu wechseln. In dem Moment signalisiert man ja allein durch das Stehen bleiben, dass man Interesse an etwas mehr Kontaktaufnahme als einem kurzen “Moin” hat. Nun stell Dir vor, diese Person würde jetzt direkt zu Dir hingehen, Dir freundlich übers Haar streicheln und Dir sagen, wie wundervoll Dein Haar glänzt – schließlich warst ja auch Du offensichtlich an einer näheren Kontaktaufnahme interessiert, denn Du bist ja auch stehen geblieben.
Wer wäre da nicht entsetzt?
Je nach Charakter würde in dem Moment der eine Mensch etwas erschrocken zurückweichen und dann zügig weiter gehen. Der nächste würde entsetzt fragen, was das jetzt sollte und dann zügig weitergehen. Und ein anderer würde sehr laut werden und, sagen wir, “dafür sorgen, dass diese dreiste Person zügig weitergeht und so schnell nicht nochmal auf diese Idee kommt” 😉
Jetzt versetzen wir uns zurück in die Lage eines Hundes und fragen uns nochmal, wie man eigentlich einen fremden Hund freundlich und vor allem höflich begrüßt:
- man bleibt “weich” in der Körpersprache und wendet sich ein wenig seitlich vom Hund ab, um für diesen nicht bedrohlich zu wirken (alternativ kann man sich auch hinhocken, sich also klein machen, was ich jedoch bei ganz fremden Hunden nicht unbedingt empfehlen würde)
- man spricht ihn freundlich an
- man wartet in Ruhe ab, bis der Hund geschnüffelt hat und wartet mal ab, was er dann tut
- man denkt daran, wie man selbst sich fühlen würde, wenn der Hundehalter einem nun “um den Hals fallen würde” und behält seine Hände erstmal bei sich 🙂
- man übt sich in höflicher Zurückhaltung
Wenn ich einen Hund neu kennenlerne, tue ich genau das und warte dann mal ab, was der Hund mir anbietet. Wenn man ein bißchen hinschaut, sieht man sehr gut, ob der Hund jetzt näheren Kontakt möchte oder nicht. Meiner Erfahrung nach sind die allerallermeisten Hunde sogar sehr dankbar, wenn ich sie bei den ersten Begegnungen eben nicht gleich anfasse und streichle.
Einzelne Hunde mögen es, gleich bei der ersten Begegnung von Fremden gestreichelt zu werden. Genau wie einzelne Menschen andere gleich beim ersten Kennenlernen zur Begrüßung oder zum Abschied umarmen. Diese sind und bleiben aber eher die Ausnahme, als die Regel.