Immer wieder höre ich, dass ein Hund niemanden anknurren soll. Stimmt das?
Ganz klar: jein!
Jeder Hundehalter wünscht sich, dass sein Hund niemandem etwas tut und immer zu allen nett und freundlich ist. Doch was, wenn das mal nicht so ist?
Leider heißt es dann immer wieder, der Hund sei aggressiv, wenn er knurrt und das müsse verboten werden.
Macht das Sinn?
Ganz klar: nein!
Ein Hund, der knurrt, ist weder aggressiv, noch muss ihm irgendetwas verboten werden!
Er drückt lediglich aus, dass ihm die aktuelle Situation zu schaffen macht. Die Ursachen dafür können vielfältig sein:
- der Kontakt mit einem anderen Lebewesen ist ihm zu viel / zu nah
- das Vertrauen zum Gegenüber fehlt in dieser Situation
- der Hund hat Schmerzen
- er sichert eine Ressource
- er hat gelernt, dass das sinnvoll ist
- …
Diese Liste lässt sich noch um einige Punkte erweitern.
Im Aggressionsverhalten des Hundes gibt es sehr viele ritualisierte Verhaltensweisen – und Knurren gehört dazu. Es handelt sich hierbei um eine Warnung an das Gegenüber, das zu unterlassen, was es gerade tun möchte – in unserer Sprache ein simples “lass das” !
Erstaunlicher Weise wird ein “lass das” von den meisten anderen Tieren akzeptiert, ohne dass diese gleich als aggressiv abgestempelt werden. Nur Hunde werden in unserer Gesellschaft sehr häufig zumindest geschimpft, wenn sie warnen.
Was soll er denn sonst tun, wenn er mit einer Situation nicht zurecht kommt? Ist es nicht toll, dass er warnt, anstatt gleich zu beissen?
Bei einem der Wesenstests, die ich mit verschiedenen Hunden aus dem Tierschutz absolvieren musste, damit sie in ein neues zu Hause vermittelt werden können, habe ich mit dem Prüfer gesprochen, was ein Hund denn darf und welche Verhaltensweisen er in einem bestandenen Test noch erklären könne.
Seine Antwort war : “ich könnte selbst einen Biss erklären. Wenn der Hund vorher deutlich warnt und ich so doof bin, das nicht ernst zu nehmen und missachte, dann ist der Hund okay und ich bin selber Schuld”
Natürlich möchte man weder im Wesenstest, noch im Alltag öfter sehen, dass der Hund knurrt, uns mit gefletschten Zähnen sein Blendax-Lächeln präsentiert, oder abschnappt.
Doch das Ziel darf hier niemals sein, das Knurren zu verbieten, sondern muss auf die Frage abzielen ” was kann ich tun, damit mein Hund nicht mehr glaubt, sich in dieser Situation verteidigen zu müssen?”
Daher nochmal zum “Jein” des ersten Satzes:
Ja, weil : Ein Hund darf knurren, wenn ihm etwas zu viel wird und auch unter Hunden ist es normale Kommunikation, ein simples “lass das”
Nein, weil : diese Warnung für mich oft heißt, dass ich handeln muss.
Wie genau kommt auf die Situation an. Entweder ich entschärfe nur die aktuelle Situation, in dem ich z.B. dafür sorge, dass das Gegenüber mehr Abstand einhält, ich mit meinem Hund weiter gehe von dem Auslösereiz weg, o.ä. . Oder handeln, in dem ich mir merke, dass diese Situation für meinen Hund noch zu schwierig ist und ich durchdacht und kleinschrittig daran arbeiten muss, dass er lernt, mit dieser Situation besser umzugehen.
Die Möglichkeiten, daran zu arbeiten sind so vielseitig, wie die Ursachen und Auslöser und entsprechend individuell.
Hier sei nur so viel gesagt : sie haben nichts mit einem Verbot des Knurrens zu tun.